Tag 9

Datum: Montag, 25.März 2019
Strecke: von Merida nach Carrascalejo
Distanz: 14,8 km Gesamtstrecke: 237,1km Gelaufen: 193km
Gehzeit: 08:30 bis 13:00Uhr ca. 5,5 Std,
Wetter: morgens schon warm, später wieder heiß
Allgemein: erst an der Strasse entlang, dann ab dem Stausee herrlicher Weg, alles relativ eben

Das erste Treffen.... 

Um 7:30 Uhr bin ich gut ausgeschlafen aufgestanden. Auch wenn das Hotelzimmer etwas hellhörig war und ich gestern Abend noch eine spanische Konversation aus dem Nebenzimmer mithören konnte (das die Spanier immer so laut reden müssen :-) ), hatte ich sehr gut geschlafen und fühlte mich fit. Dies war aber nur, bis ich aufgestanden war. Meine Fußsohle brannte! War die Etappe gestern ja mit knapp 16km doch recht kurz, so war doch die Strecke in Merida gestern bestimmt genau so lang gewesen. Und das

tat meinen Füßen gar nicht gut. Die Blase unter meiner rechten Ferse hatte sich extrem ausgebreitet, war Blut unterlaufen und war bestimmt 10cm lang. Vollkatastrophe! Gut, die heutige Etappe nach Aljucen war nur mit 16km angegeben. Das würde ich doch schaffen. Na mal sehen...

Nach einem kleinen Frühstück im Hotel machte ich mich gegen 8:30Uhr alleine auf den Weg. Rob war schon los und Tibor mußte abbrechen, da er Probleme mit der Hand hatte und ins Krankenhaus mußte. So schnell kann es also vorbei sein. Hoffentlich halten die Füsse..

Auf der Strasse nochmal ein letzer Blick zurück auf das wirklich sehr schöne Hotel " Senero" und dann ging es los. Der Weg durch die Stadt zog sich und jeder Schritt tat jetzt schon weh. Bald kam ich nochmal am Aquädukt Los Milagros vorbei, das im Morgenlicht erstrahlte. Einfach herrlich! 

Ich war kurz vor dem Stadtrand, da staute sich plötzlich der Verkehr, Autos standen in zweiter Reihe, immer mehr. Was war da wohl passiert? NIXX!! Die Spanier brachten nur ihre Kinder zur Schule! Also, das war nicht mehr normal. Aber hier anscheinend schon. Kopfschüttelnd zog ich weiter und hatte bald den Stadtrand erreicht. Nach zwei Kreisverkehren war ich dann wieder in der Natur. Na ja, beinahe. Denn heute ging es erstmal einige Kilometer entlang der Landstrasse. Gut, es machte mir heute nicht so viel aus, denn mit meinen kaputten Fußsohlen war es für mich besser auf Asphalt zu laufen, als auf Schotter oder steinigen Feldwegen. Nach 4,5km machte ich auf einem schön angelegten Rastplatz neben der Strasse Pause. Es gab sogar Steinbänke. So gönnte ich meinen Füssen eine kleine Erholungspause. Und dann kam doch da tatsächlich ein Pilger! Ein kurzes " Buen Camino", das wars dann aber auch. Schnell setzte er seinen Weg fort. Schade, etwas Unterhaltung wäre evtl. ganz gut gewesen. Auf der Via sind im Vergleich zum Camino Frances doch sehr wenige Pilger unterwegs. Ich glaube, gestern hab ich unterwegs gar keinen getroffen. Manchmal ist das ja auch gut, aber so ein Austausch macht ja auch Spaß. Dadurch, dass ich ja ein Stück mit dem Taxi gefahren bin, hab ich den Kontakt zu der Startgruppe verloren und da Frank mit dem Bus weiter gefahren ist, stand ich momentan alleine da. Aber, es gibt Schlimmeres! 


Erholt ging es dann weiter. Immer an der Strasse entlang. Nach 500m konnte man einen ersten Blick auf den Stausee Embalse de Proserpina erhaschen. Schön lag er da vor einem. Und nach einem weiteren Kilometer konnte man sich endlich von der Strasse entfernen und bald darauf stand ich am Ufer des Stausee´s. Herrlich, bei strahlend blauem Himmel! Die Proserpina Talsperre wurde ca. Anfang des 2. Jahrtausends von den Römern (wer hätte das gedacht) angelegt. Und versorgt heute noch die Stadt Merida über ein Aquädukt mit Trinkwasser. Entlang des Uferweges kann man noch einige besondere Bauteile der Talsperre besichtigen. Sehr interessant.

Der andere Pilger machte gerade auch eine kleine Pause und so kamen wir jetzt doch ins Gespräch. Ein netter Typ, etwas jünger wie ich (dem Anschein nach), aus dem Hohen Norden Deutschlands, und heute in Merida gestartet. Er machte sich aber bald wieder auf den Weg, wollte eine Bar am Ufer suchen. Ich meinte, ich würde dann folgen, etwas langsamer halt, wegen meinen Füssen. Aber wir hatten Pech. Keine einizge Bar hatte offen. Es gab mehrere entlang der Uferpromenade, aber alle geschlossen!

Schade, hier zu sitzen wäre bestimmt toll gewesen. Tom, so hieß der ander Pilger zog weiter. Ich aber wollte hier am Ufer eine Pause machen und ein zweites Frühstück einnehmen. Nachdem ich einen schönen Platz direkt am See gefunden hatte, packte ich mein Iberico Schwein, dass ich auf einem Brötchen hatte, aus, und lies es mir schmecken. So muss es sein! Es war herrlich. Ganz allein hier die Ruhe genießen, einfach nur weg, weg von allem! Toll!

Aber auch ich mußte irgendwann weiter. Nach einer 3/4 Std. machte ich mich wieder auf den Weg. Noch ca. 500m ging es am Ufer entlang, dann lies man den Stausee hinter sich und nach einem kurzen Stück auf einem Feldweg, kam man wieder auf eine Strasse. Die Landschaft war jetzt herrlich. Entlang der Strasse wuchs gelbleuchtender Ginster, mächtige Korkeichen säumten den Weg. Und plötzlich stand leicht oberhalb von mir ein mächtiger schwarzer Bulle. Ich erschrak kurz, doch dann sah ich, dass ein Zaun uns trennte. Da war ich ehrlich gesagt, etwas erleichtert. Kurz danach lief ein Schimmel an dem Zaun entlang. Es war einfach traumhaft. Natur pur. Und ich ganz alleine. Auf der Landstrasse kam glaub kein einziges Auto, so lange ich mich auf ihr befand. Und der Untergrund, obwohl er so langsam heiß wurde, war ganz angenehm für meine geschundenen Füsse. Nach weiteren 2km zweigte dann der Weg von der Strasse ab und es ging in die Pampa. Außer, dass es den Füssen nicht so gut tat, war es toll. Die Landschaft erinnerte mich etwas an Schottland. Auch dort wächst ja sehr viel Ginster, Stechginster, und dieses lila Kraut, so etwas wie Heidekraut. Dann noch der strahlend blaue Himmel und der lehmfarbene Boden. Es war eigentlich perfekt. wenn nur die Schmerzen nicht wären. Die jetzt mit der Zeit immer stärker wurden. Und so war ich froh, als ich nach weiteren 4 km gegen 13.00 Uhr im Ort Carrascalejo ankam. Dort vorbei an der leider verschlossenen Kirche, ging es Berg ab zur Alberge Municipal. Dort machte ich auf der Terasse der angrenzenden Bar erstmal Pause bei einem Bierchen und kleinen Tapas. 

Eigentlich wollte ich ja weiter, aber meine Füsse... So fragte ich mal bei der Barbesitzerin, die auch die Herberge betrieb, an, ob evtl. noch ein Bett frei wäre. Und natürlich war noch etwas frei. Erstmal war es ja erst 13:00 Uhr, und zweitens blieben hier wohl nicht viele Pilger. Für eine Tagesetappe von Merida ist die Distanz eigentlich zu kurz. Wenn man fit ist. Aber der Gesundheit zu Liebe entschied ich mich hier zu bleiben, nachdem mir die Herbergsmutter die ganze Anlage gezeigt hatte, und wirklich alles in einem super Zustand war. So quartierte ich mich, als Erster in einem 8 Bett Zimmer ein und schnappte mir natürlich ein unteres Bett. Dann nahm ich eine ausgiebige Dusche, war ja alleine, und dann wurde die Waschmaschine randvoll gemacht und alles was ging gewaschen. Heute war es heiß genug, das alles auch trocken wurde. Dann setzte ich mich wieder auf die Terasse der Bar. Ausgestattet mit Tagebuch, Wanderführer und Handy. Das nächste Bierchen wurde bestellt. Also, was ich hier alles dazu bekam. Oliven, Käse, Kartoffelschnitze, Pimientos,richtig klasse. 

Zunächst rief ich mal zu Hause an und klagte mein Leid. Das ich nicht so richtig vorwärts kam, wegen der Füsse. Dass es doch recht einsam wäre und irgendwie anders, als auf dem ersten Camino. Doch, es war schon ok, aber so Camino Feeling gab es noch nicht so richtig. Es war schön, die Landschaft, das Fremde, dass Mal wieder ausbrechen. Aber so richtig angekommen war ich wohl noch nicht. Aber nach guter Zusprache und dem nächsten Bierchen sah die Welt schon wieder besser aus. Dann schrieb ich Tagebuch, und beobachtete die wenigen Pilger, die des Weges zogen. Nachdem ich meine Wäsche zum trocknen aufgehängt hatte, studierte ich den Wanderführer, was so die nächsten Tage anstehen würde. Ich nahm noch Kontakt mit Dorothea aus Alcuescar auf. Sie betreibt dort die "Casa Peregrina" und mit ihr hatte ich schon zu Hause übers Internet Kontakt gehabt und wollte bei ihr übernachten. Ich hatte Glück und bekam noch ein Bett bei ihr. So konnte ich mir morgen auf dem Weg auch Zeit lassen und mußte nicht hetzen. Gegen 18:30Uhr bekam ich schon mein Abendessen. Was für eine Zeit für spanische Verhältnisse. Ich hatte mich für Maccaroni entscheiden, da ich am Nachbartisch gesehen hatte, dass dies eine Rießenportion war. Nur, eigentlich gab es das gar nicht auf der Speisekarte. Die Herbergsmutter hatte das nur für ihren Sohn gekocht, der am Nachbartisch saß. Aber Gast freundlich, wie sie war, hat sie mir dann doch auch so eine Rießenportion serviert. Und die Maccaroni waren lecker! 


Nach dem Abendessen packte ich meine Wäsche zusammen, brachte sie aufs Zimmer und ging wieder in die Bar. Dort bestellte ich mir noch ein Bier und blieb diesmal drinnen, da es doch etwas abgekühlt hatte. Plötzlich wurde getuschelt, die Bar leerte sich zunehmend. Ok, das heißt, die 3 Personen, die da waren gingen, und als ich noch etwas bestellen wollte, wurde mir mitgeteilt, dass jetzt dann Schluss sei. Hm, es war doch erst kurz nach 20:00Uhr. Aber dann begriff auch ich es. Die Betreiber wohnten gar nicht hier, die wollten nach Hause. Ok, kein Problem. Ich bezahlte meinem Konsum und auch die Übernachtung, bekam einen Schlüssel für die Herberge und ratz fatz war ich allein. Ganz allein! Es war nämlich kein anderer Pilger aufgetaucht. Und so war ich in der Herberge am Ortsrand gaaaanz alleine! Ich schloß die Eingangstüre ab, und ging auf mein Zimmer. Dort konnte man aber nicht abschließen. Es wurde dunkel draußen. Und mit jedem Gräusch wurde ich hellhöriger. Also, so ganz geheuer war es mir nicht. Was tun? Na, da hab ich halt die Bude etwas umgebaut. 2 Schränke verschoben, jeweils einen rechts und einen links neben die Türe und meinen 1,67cm langen Pilgerstab dazwischen geklemmt. Da würde keiner mehr reinkommen, ohne dass ich es merken würde. So stöberte ich noch etwas im Handy und schlief dann doch bald ein. Und schlief sogar sehr gut.

Fazit: viel an der Strasse, jedoch ab dem Stausee herrlich und auch landschaftlich super.

Tipp: die Municipal in Carrascalejo ist super. Sehr sauber, große Zimmer, super Sanitärräume, aber vermutlich für die Wenigsten eine Option. Ich wäre wohl auch nicht hier geblieben, wenn ich fit gewesen wäre.

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