Tag 10

 Datum: Dienstag, 26.März 2019
Strecke: von Carrascalejo nach Alcuescar
Distanz: 23,5 km Gesamtstrecke: 260,6km Gelaufen: 216,5km
Gehzeit: 07:30 bis 15:00Uhr ca. 7,5 Std,
Wetter: morgens warm, später heiß
Allgemein: heute fast nur Feldwege, richtig schöne Etappe, etwas ansteigend, aber gut zu gehen

 Bei Dorothea... 

Nachdem ich gestern rechtzeitig im Bett war, konnte ich heute schon um 6:45 Uhr ausgeschlafen aufstehen und war fit. Na ja, bis auf meine Füsse, wie immer. Nach einem kleinen Frühstück und ausgiebiger Fußpflege, packte ich meinen Rucksack. Nachdem ich gestern ja ganz alleine war, hatte ich alles aus dem Rucksack rausgeholt und die meisten Klamotten gewaschen. Nun wurde alles wieder säuberlich verstaut. Irgendwie war der Rucksack proppenvoll, aber ich fand nichts was ich entsorgen konnte. Doch, eins! Mein geliebtes, altes Wanderhemd. Ach, es war mir so ans Herz gewachsen. Meine Frau sagte schon lange, das es entsorgt gehöre, meine Kumpels zogen mich auch schon immer auf, wenn ich mit dem alten Teil zum Wandern kam. Über weit mehr als 10 Jahre war es ein treuer Begleiter bei meinen vielen Bergtouren. Aber heute trennte ich mich schweren Herzens von diesem Teil. Na gut, es war schon etwas verschlissen und ich wollte Gewicht und Ballast abwerfen. Und so landete es im Mülleimer. Ich vergess dich nicht....

Nachdem ich die Herberge abgeschlossen hatte und den Schlüssel, wie besprochen, im Briefkasten deponiert hatte, startete ich gegen 7.30Uhr zu meiner nächsten Etappe. Schon nach ein paar hundert Metern war ich am Ortsausgang und verlies die Strasse, um auf einem schönen Feldweg dahin zu pilgern. Nach ca. 1,5km unterquert man die Autobahn und nach gut einem weiteren Kilometer erreicht man den Ortsanfang von Aljucen. Am Ortsrand kommt man an einem römischen Thermalbad vorbei, dann ist man schnell in der Ortsmitte, wo einen das Schild " Santiago 740km" empfängt. In der Nähe war eine Bar, in der ich frühstücken wollte. Vor der Bar traf ich Tom, der sich gerade auf den Weg machte. Etwas small talk, dann zog er los. Und ich in die Bar. Einen schönen Cafe con Leche und ein Bocadillo nahm ich zu mir. Am Nachbartisch saßen auch ein paar Pilger. Im Gespräch stellte sich heraus, dass eine Amerikanerin hier auch abbrechen mußte. Sie hatte Probleme mit dem Knie. Man sieht. Es ist gar nicht so selten, dass jemand den Weg aufgeben muss. Man sollte so eine Tour auch nicht unterschätzen. Einmal sollte man sich schon körperlich auf die Strapazen vorbereiten. 1000km läuft man nicht so nebenbei. Selbstüberschätzung führt hier schnell zum Ende des Vergnügens.Und auch die Planung spielt, zumindest für mich, eine große Rolle. Oft wurde ich belächelt, was ich alles über den kommenden Tag wußte ( war auf dem Frances auch schon so), aber einfach so auf gut Glück los zu laufen, das war nicht meins. Schon zu Hause hatte ich mir Notizen gemacht, wo evtl. Schwierigkeiten kommen könnten, wo es etwas Besonders zu sehen geben würde, wo der Weg anstrengend sein würde,welche Stadt ich mir genauer anschauen wollte. Manche werden sagen: Genau so geplant, wie das ganze Leben! Mag sein, aber ich möchte schon wissen, was auf mich zukommt. Und ich bin damit nicht schlecht gefahren.

Gestärkt zog ich dann auch los. Der Dorfstrasse bergab folgend verlasse ich Aljucen, nach 1,5km verlasse ich die N-630 bei einer stillgelegten Tankstelle auf eine Schotterpiste und der gilt es dann zu folgen. Eine herrliche Naturlandschaft begleitet mich nun über Kilometer. Ein wirklich sehr schöner Abschnitt der Via de la Plata! So geht es nun den ganzen Tag vorbei, an schönen Sträuchern, an Ginster, an Korkeichen und an den herrlichen Zistrosen. Ach ja, das lila Kraut ist auch wieder da. Wie ich mir sagen hab lassen, ist das Lavendel. Man lernt nie aus.

Heut passte wirklich alles. Super Wetter, strahlend blauer Himmel, eine tolle Gegend. Nach einer Weile holte ich Tom ein, der gerade Pause machte. Kurzes Gespräch, dann ging es weiter. Als ich dann eine Pause machte, kam Tom vorbei. Das wiederholte sich heute
einige Male. Immer kurze Gespräche, war sehr nett. Als ich wieder alleine unterwegs war, standen plötzlich mehrere Bullen auf dem Weg. Ein mulmiges Gefühl hatte ich schon, aber sie liesen mich in Ruhe. Etwas später stand eine größere Herde Kühe mit Jungvieh auf dem Weg. Da war ich auch froh, dass ich unbeschadet durchkam, besonders als eine Kuh lange hinter mir drein lief. Die hatte wohl etwas Angst um ihr Junges. Und ich hatte Angst vor ihr!

Am Cruez de San Juan, ca. 5km vor Alcuescar, machte ich nochmals eine längere Pause und nahm eine Kleinigkeit zu mir. Auch hier gesellte sich Tom zu mir und wir führten wieder ein Gespräch. Er wollte heut im Kloster übernachten. Ich erzählte ihm von Dorothea und das ich dort nächtigen würde. Schade, mit Tom verstand ich mich recht gut und es wäre bestimmt ein netter Abend mit ihm geworden. Aber so ist es halt auf dem Jakobsweg. Man trifft sich, geht wieder auseinander und wenn es sein soll, sieht man sich wieder. 

Nach einer knappen Stunde Pause brach ich dann wieder alleine auf und nahm die letzen ca. 5km in Angriff. Knappe 1 1/2 Std. später kam ich in Alcuescar an. Leider verlief ich mich. Dorothea hatte mir zwar den Weg zu ihrer Herberge erklärt, aber ich nahm eine Abzweigung zu früh. Und so stand ich plötzlich in der Nähe des Klosters. Von dort rief ich Doro an. Sie meinte, ich soll da warten, sie würde mich abholen. Und keine 5Minuten später stand sie vor mir. Wir kauften noch in einem Supermercado ein paar Sachen ein, da sie selbst erst heute wieder in Alcuescar angekommen war. Und wer kam da ums Eck? Tom! Er hatte einen Cafe getrunken und suchte nun das Kloster. Doro zeigte ihm den Weg, aber nachdem wir drei uns etwas unterhalten hatten, überlegte es sich Tom noch einmal und da bei Doro noch ein Bett zu haben war, entschloß er sich mit uns zu kommen. Das freute mich richtig! So saßen wir dann bald bei Doro auf ihrer Dachterasse und genossen ein kühles Bierchen. 

Bei Doro war es sehr gemütlich. Ihre Herberge war eine Wohnung im ersten Stock, in der sie auch wohnte. Die Sanitäranlagen waren in Ordnung, nachdem wir es geschafft hatten, die Gastherme in Betrieb zu nehmen. Da Doro selbst erst heute angekommen ist, gab es zuerst kein Warmwasser, aber gemeinsam schafften wir es dann doch irgendwie. Der Kühlschrank war auch defekt, aber ihre liebeswürdige Art, lies uns das alles schnell vergessen. Das 4erZimmer war einfach, aber  da wir es alleine hatten, völlig ausreichend. Da Doro auch verschiedene Sachen, auch Medizin, zum Kauf anbot, zeigte ich ihr nach dem Duschen mal meine geschundene Füsse. Sie hatte ja schon viel gesehen, also war sie nicht geschockt, aber sagte mir nichts Gutes voraus. Sie meinte schon, dass sie mir etwas Linderung verschaffen könne, aber gleichzeitig meinte sie, ich würde bestimmt ins Krankenhaus müssen, da sich bestimmt der Nagel lösen würde und auch sonst sah es nicht so gut aus. Na, das waren ja schöne Aussichten! Aber jetzt nahm ich erstmal ein Fussbad, mit einer Spezialmischung von Doro. Und nach dem zweiten Bier waren die Schmerzen gar nicht mehr so schlimm. So saßen wir noch lange auf ihrer Terasse, liesen uns Tipps für die nächsten anstehenden Etappen geben. Auch wo man übernachten sollte und wo man besser nicht absteigt. Ich kaufte mir dann noch bei Doro ein Fläschchen von ihrem Pilger´s Laib und Wunden Öl und dazu noch eine " Pilger Wolle". Ja, tatsächlich! Sie verkaufte "Pilger Wolle". Da dies ja mein Spitzname (Pilger Wolle) ist, war das natürlich der Brüller. Wir Drei hatten viel zu lachen.

Gegen 20 Uhr gingen wir dann gemeinsam zum Essen. Doro empfahl uns ein Restaurant, das " El Rincon de Paco", und damit waren wir gut bedient. Es gab wirklich rießige Portionen. Und es war lecker. So wurde es ein sehr netter Abend. Auch wenn es mit Doro noch zu einer hitzigen Diskussion wegen Energieversorgung und Erzeugung gab. Aber man kann ja auch Mal anderer Meinung sein! So kehrten wir gegen 22Uhr wieder in unsere Herberge zurück und nachdem ich Doro´s Wunder Öl auf meine Füsse aufgetragen hatte, fiel ich bald in den verdienten Schlaf!

Fazit: eine wunderschöne Etappe, sehr schöne Flora.

Tipp: Das Restaurant" El Ricon de Paco" war super, die 2 Bilder oben zeigen MEINE Portion, lecker!

 bei Dorothea übernachten, ist kultig!  

Nachtrag: Dorothea ist so viel ich weiß nicht mehr vor Ort, bitte erkundigen!



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